Das Bundesverwaltungsgericht bestätigt den Entscheid des Staatssekretariats für Migration, nicht auf das Gesuch um erleichterte Einbürgerung eines in eingetragener Partnerschaft lebenden Mannes einzutreten. Gleichzeitig stellt das Gericht fest, dass damit das völkerrechtliche Diskriminierungsverbot verletzt worden ist und erlässt dem Betroffenen die Verfahrenskosten.

Ein russischer Staatsangehöriger reiste 2011 in die Schweiz ein und lebt seit 2015 in eingetragener Partnerschaft mit einem Schweizer. 2018 beantragte der Betroffene die erleichterte Einbürgerung, worauf das Staatssekretariat für Migration (SEM) jedoch nicht eintrat. Weil das Bürgerrechtsgesetz die erleichterte Einbürgerung nur für verheiratete Personen vorsieht und nicht für solche in eingetragener Partnerschaft, wies es den Betroffenen auf die Möglichkeit hin, ein Gesuch um ordentliche Einbürgerung beim Kanton zu stellen.
Gegen den negativen Entscheid erhob der Russe 2019 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (BVGer). Im Wesentlichen brachte er vor, er werde als Person in einer eingetragenen Partnerschaft gegenüber einer verheirateten Person diskriminiert, was gegen die Bestimmungen der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) und des UNO-Pakts II verstosse.
Diskriminierung bejaht
Der Betroffene bringt vor, das ordentliche Verfahren daure länger als das erleichterte und er sei deswegen gezwungen, in dieser Zeit den Wohnsitz zu behalten, auch wenn ein Wechsel aus beruflichen Gründen angebracht sei. Die konkreten Berufsumstände legt er jedoch nicht dar. Zutreffend macht er hingegen geltend, dass beim ordentlichen Verfahren die sexuelle Orientierung nicht geheim gehalten werden kann, weil der Kreis der darüber informierten Personen grösser ist als beim erleichterten Verfahren.
Das BVGer sieht eine unzulässige Diskriminierung darin, dass das Gesetz homosexuellen Menschen den Zugang zur erleichterten Einbürgerung aufgrund der Unmöglichkeit, die Ehe einzugehen – und damit wegen ihrer sexuellen Orientierung – verwehrt. Im Fall des Beschwerdeführers sind jedoch die Erschwernisse, die mit dem ordentlichen Einbürgerungsverfahren verbunden sind, äusserst geringfügig. Als Rechtsanwalt könnte er dieses Verfahren problemlos durchlaufen und die schweizerische Staatsbürgerschaft erlangen. Auch hat er nicht dargetan, dass er den Wohnsitz aus beruflichen Gründen hätte wechseln müssen.
Aufgrund der geringen Schwere der Beeinträchtigungen verzichtet das Gericht darauf, den Nichteintretensentscheid des SEM aufzuheben. Es stellt indessen förmlich fest, dass dadurch das völkerrechtliche Diskriminierungsverbot verletzt worden ist. Folglich erlässt das BVGer dem Beschwerdeführer die Verfahrenskosten. Dieses Urteil kann beim Bundesgericht angefochten werden.
Besteht ein Konflikt zwischen dem Bundes- und dem Völkerrecht, so ist die Schweiz grundsätzlich verpflichtet, das Völkerrecht anzuwenden. Eine Ausnahme entwickelte das Bundesgericht in der sogenannten «Schubert-Praxis»[1], die im vorliegenden Fall grundsätzlich nicht hätte Anwendung finden dürfen. Diese besagt, dass eine ältere völkerrechtliche Norm nicht anzuwenden ist, wenn der Bundesgesetzgeber bewusst gegen das Völkerrecht verstossen oder den Verstoss bewusst in Kauf genommen hat. Ausgenommen von dieser Ausnahme sind menschenrechtliche Verpflichtungen der Schweiz, in denen das Völkerrecht dem nationalen Recht vorgeht.
Bei der Ausarbeitung des Bundesgesetzes vom 18. Juni 2004 über die eingetragene Partnerschaft (Partnerschaftsgesetz) und in der entsprechenden Beratung im Parlament kam zum Ausdruck, dass bei der erleichterten Einbürgerung die eingetragene Partnerschaft nicht mit der Ehe gleichgestellt wird. Es ist somit davon auszugehen, dass der Gesetzgeber bewusst eine allfällige Verletzung des Völkerrechts in Kauf genommen hat.
Mit Inkraftsetzung der Bestimmungen zur «Ehe für alle» wäre der Zugang zur erleichterten Einbürgerung auch für homosexuelle Menschen grundsätzlich uneingeschränkt gewährleistet.
[1] Vgl. Urteil des Bundesgerichts BGE 142 II 35