«Spruchkörperbildung» bezeichnet die Art und Weise, wie die Richtergremien gebildet werden, die über einen Fall urteilen. Am Bundesverwaltungsgericht bestimmen das Geschäftsreglement und die Reglemente der sechs Abteilungen, welche Kriterien bei der Zuteilung der Richterinnen und Richter berücksichtigt werden müssen. Je nach Rechtsmaterie und den entsprechenden gesetzlichen Vorschriften (z.B. Bearbeitungsfristen) können sich die massgebenden Kriterien in den einzelnen Abteilungen unterscheiden.
Automatische und manuelle Komponente
Generell beruht die Spruchkörperbildung am Bundesverwaltungsgericht auf zwei Komponenten: einem automatischen und einem manuellen Teil. Für den automatischen Teil setzt das Gericht eine Software ein, die intern auch «Bandlimat» genannt wird. Der Software hinterlegt sind beispielsweise die Arbeitssprachen der Richter/innen, ihr Beschäftigungsgrad oder Spezialisierungen. Auch längere Abwesenheiten können von der Software berücksichtigt werden. Die Liste der reglementarisch zu berücksichtigenden Kriterien ist jedoch länger und nicht alle Kriterien können in der Fallzuteilungssoftware abgebildet werden. Der manuelle Teil ist daher integraler Bestandteil der Spruchkörperbildung. Eine manuelle Zu- oder Umteilung erfolgt beispielsweise bei konnexen Verfahren (zusammenhängende Verfahren), Ausstandsgründen, Weggängen (z.B. Pensionierungen) oder kurzfristigen Abwesenheiten.
Zuteilung nach sachlichen Kriterien
Manuelle Zu- oder Umteilungen sind systembedingt, weil eine ausnahmslose Automatisierung der Spruchkörperbildung nicht möglich ist. Ob automatisch oder manuell: Die Spruchkörperbildung erfolgt stets nach objektiven, reglementarisch festgelegten Kriterien.
Keine Berücksichtigung der Parteizugehörigkeit
Die Parteizugehörigkeit der Richterinnen und Richter wird bei der Spruchkörperbildung bewusst nicht berücksichtigt und ist somit nicht als Kriterium hinterlegt. Eine generelle Berücksichtigung stünde im Widerspruch zur Unabhängigkeit der Richterinnen und Richter.
Vorreiterrolle und ständige Weiterentwicklung
Die Fallzuteilungssoftware ist für das Bundesverwaltungsgericht ein wichtiges und nützliches Hilfsmittel bei der Spruchkörperbildung. Im Vergleich zu anderen Schweizer Gerichten ist der Automatisierungsgrad hier weit fortgeschritten. Das Gericht nimmt diesbezüglich eine Vorreiterrolle ein und ist bestrebt, das gesamte System der Spruchkörperbildung ständig weiterzuentwickeln, um das Potenzial einer automatisierten Geschäftsverteilung noch besser auszuschöpfen.
Auch die Geschäftsprüfungskommissionen als Oberaufsichtsbehörde, die Wissenschaft und die Medien interessieren sich für dieses System der Spruchkörperbildung. Entstanden sind bereits Aufsichtsberichte und wissenschaftliche Beiträge, in denen auch Empfehlungen zur Weiterentwicklung formuliert wurden. Diese werden vom Bundesverwaltungsgericht berücksichtigt, sofern sie sinnvoll und umsetzbar sind.