Information, Transparenz, Rechtsklarheit

Für Kommunikationsleiter Artur Zazo ist Gerichtskommunikation ein Dienst an der Öffentlichkeit. Ein Gespräch über die Macht der Sprache, die Sinnhaftigkeit der Arbeit und die Menschen hinter den Urteilen.

06.10.2025 - Katharina Zürcher

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Artur Zazo.
«Es stimmt, dass das Gericht in erster Linie durch seine Urteile spricht. Doch das reicht heute nicht mehr»: Kommunikationsleiter Artur Zazo.

Artur Zazo, welcher Stellenwert hat Teamarbeit in der Kommunikation?
Teamarbeit ist eine Grundbedingung für funktionierende Kommunikation. Gerade in einem kleinen Team bringt jede Person sehr spezifische Kompetenzen mit, die sich nicht eins zu eins ersetzen lassen – sei es in der Medienarbeit, beim Schreiben, in der visuellen Umsetzung oder bei strategischen Fragen. Damit wir alle Kommunikationsaufgaben und Dienstleistungen dauerhaft und ohne Lücken abdecken können, müssen wir eng aufeinander abgestimmt arbeiten und uns aufeinander verlassen können. Gleichzeitig endet Teamarbeit nicht an den Grenzen der Kommunikationsabteilung. Kommunikation gelingt nur, wenn alle mitziehen: Wenn Mitglieder, Gerichtsschreibende und Mitarbeitende Informationen weitergeben, Hintergründe teilen und ihre Expertise einbringen. Wirkungsvolle Kommunikation nach innen und aussen entsteht erst, wenn dieses Zusammenspiel funktioniert. Das ist umso wichtiger, als wir mit rund 470 Beschäftigten ein sehr grosses Gericht sind.

Was bedeutet gute Kommunikation für Sie?
Gute Kommunikation schafft Orientierung, Vertrauen und Verbindung – intern wie extern. Sie ist klar, konsistent und wertschätzend, transparent, sachlich und nahbar. Gute Kommunikation funktioniert in zwei Richtungen; sie bedeutet nicht nur Senden, sondern auch Zuhören. Das gilt innerhalb des Gerichts genauso wie ausserhalb. Intern trägt eine gute Kommunikation wesentlich zur Kohäsion bei, sie vermittelt Zusammengehörigkeit und stärkt die Identifikation mit unserer Aufgabe. Nach aussen bewirkt sie, dass das Gericht in seiner Rolle verstanden, akzeptiert und respektiert wird. 

Wozu braucht es Gerichtskommunikation, wenn das Gericht doch durch seine Urteile spricht? 
Es stimmt, dass das Gericht in erster Linie durch seine Urteile spricht. Doch das reicht heute nicht mehr. Unsere Gesellschaft wird zunehmend komplexer und dynamischer, Kommunikationswege gestalten sich verzerrter. Die Zeit, in denen klassische Medien wie Zeitungen und TV als Gatekeeper allein entschieden, welche Nachrichten verbreitet werden, ist längst vorbei. Seit spätestens 2015 ist es im digitalen Alltag normal, dass Informationen direkt und ungefiltert von Privatpersonen und Unternehmen gestreut werden. Durch diese Vielschichtigkeit muss das Gericht vermehrt Zusammenhänge erklären und Hintergründe einordnen. Wir sehen es täglich in den Medien: Die öffentlichen Institutionen sind viel stärker unter Beobachtung als früher – gleichzeitig steigt der Bedarf an verlässlicher und verständlicher Information. 

Welche Ziele haben Sie sich für die Kommunikation am BVGer gesetzt?
Unsere Ziele ergeben sich aus der Rolle des Gerichts im Rechtsstaat. In der externen Kommunikation nutzen wir moderne Gefässe, um die Tätigkeit des Gerichtes in eine Sprache und Form zu übersetzen, die auch ausserhalb juristischer Fachkreise anschlussfähig ist. Wir müssen die juristischen Inhalte in eine für alle verständliche Sprache übertragen, ohne sie zu vereinfachen. Das stärkt die Nahbarkeit der Justiz und macht unsere Arbeit nachvollziehbar. Es ist wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger verstehen, was die Urteile für sie und ihren Alltag bedeuten. 

«Die Zeit, in denen klassische Medien wie Zeitungen und TV als Gatekeeper allein entschieden, welche Nachrichten verbreitet werden, ist längst vorbei»

Artur Zazo

Sie haben ihre Tätigkeit am BVGer im September letzten Jahres aufgenommen, nachdem Sie zuvor lange in der Privatwirtschaft arbeiteten. Was ist Ihnen aufgefallen?
Etwas vom Ersten, das mir aufgefallen ist, ist das Spannungsfeld zwischen Zurückhaltung und Aufklärung, in dem sich die Gerichtskommunikation bewegt. Wir müssen der richterlichen Unabhängigkeit gerecht werden und können Verfahren nicht kommentieren oder beeinflussen mit unserer Kommunikationsarbeit. Gleichzeitig wollen wir verständlich und offen informieren, tragen Verantwortung gegenüber unserem Rechtsstaat. Im Unterschied zu privatwirtschaftlichen Unternehmen geht es am Gericht nicht um Imagepflege im klassischen Sinn, sondern um Transparenz der Justiz und Rechtsklarheit. Wir kommunizieren nicht, um Aufmerksamkeit zu erzeugen, sondern um Vertrauen zu ermöglichen. Dies tun wir durch Präzision, Seriosität und unsere Bereitschaft, zu erklären. Als Kommunikator habe ich selten so viel Demut, Dankbarkeit und Wertschätzung für meine Rolle erfahren wie hier. 

Sie sind von Haus aus Jurist, arbeiten aber seit langem in der Kommunikation. Wie verbinden Sie diese zwei Welten?
Es gibt mehr Parallelen zwischen der Juristerei und der Kommunikation, als man zunächst denken würde. Juristen analysieren, strukturieren, subsumieren, formulieren. Genau das sind auch zentrale Tätigkeiten und Fähigkeiten in der Kommunikation. In beiden Rollen gilt es, komplexe Inhalte verständlich und zielführend aufzubereiten. Eine weitere Gemeinsamkeit ist, dass es in der Rechtsanwendung wie in der Kommunikation viel Empathie und Gespür braucht. Wer kommuniziert, stellt sich auf sein Publikum ein, ähnlich einem Juristen, der sich auf verschiedene Fallkonstellationen und Parteien bzw. Adressanten einstellen muss. Ein weiterer gemeinsamer Nenner ist die Sorgfalt im Umgang mit der Sprache. In der Kommunikation wie in der Juristerei kann ein Wort zu viel oder zu wenig eine grosse Wirkung haben. Es ist also gar nicht so schwierig, diese zwei Welten zu verbinden.

Was tun Sie, damit das Gericht gegen aussen nicht verschlossen und abgehoben wirkt?
Das Gericht wirkt dann nicht abgehoben und fern von der Gesellschaft, wenn wir zeigen, dass Menschen hinter seinen Entscheidungen stehen. Und zwar Menschen, die mit Verantwortung, Sorgfalt und Augenmass urteilen. In diesem Sinn ist Gerichtskommunikation kein Selbstzweck, sondern ein Dienst an der Öffentlichkeit.

Artur Zazo, geboren 1982, hat nach dem Rechtsstudium seine Berufung in der Kommunikation gefunden. Seit September letzten Jahres leitet er die Kommunikation des Bundesverwaltungsgerichts, wo er unter anderem die gelebte Mehrsprachigkeit schätzt. Diese sieht er nicht nur als persönliche Bereicherung, sondern als Beitrag zur Vielfalt und Einbindung. Der Vater eines Sohns lebt mit seiner Familie bei Winterthur.

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