Medienmitteilung zum Urteil D-2337/2021

Asyl: Herkunfts-Analysen zu Tibet sind nicht zu beanstanden

Das Bundesverwaltungsgericht hat eine vom Staatssekretariat für Migration in Auftrag gegebene Sprach- und Herkunftsanalyse zu Tibet analysiert. Es gelangt zum Schluss, dass die Arbeitsweise und Fachkompetenz der sachverständigen Person nicht zu beanstanden sind.

13.07.2023

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Bild: Keystone
Bild: Keystone

Ist die angebliche Herkunft einer asylsuchenden Person zweifelhaft, lässt das Staatssekretariat für Migration (SEM) regelmässig von der internen Fachstelle «Lingua» eine Sprach- und Herkunftsanalyse erstellen. Bei solchen «Lingua-Analysen» gibt ein externer und unabhängiger Experte Einschätzungen dazu ab, für wie wahrscheinlich der behauptete Ort der Hauptsozialisation erachtet wird. Die Tests gründen auf einer linguistischen Analyse und auf einer Bewertung der Landeskenntnisse der asylsuchenden Person. Aufgrund gegenläufiger Interessen wird eine Lingua-Analyse der betroffenen Person nicht gänzlich offengelegt, sondern ihr vielmehr die Möglichkeit geboten, sich in Kenntnis des Werdegangs und der Qualifikationen der sachverständigen Person zu einer Zusammenfassung der wesentlichen Punkte zu äussern. Gemäss gefestigter Rechtsprechung kommt den Lingua-Analysen erhöhter Beweiswert zu, sofern bestimmte Anforderungen an die fachliche Qualifikation, Objektivität und Neutralität der sachkundigen Person wie auch an die inhaltliche Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit der Analyse erfüllt sind.

Zwei widersprüchliche Analysen
Im vorliegenden Fall stammt der Asylsuchende gemäss eigenen Angaben aus Tibet. Die Lingua-Analyse, die von der sachverständigen Person mit dem Pseudonym AS19 erstellt wurde, kam allerdings zum Schluss, dass er sehr wahrscheinlich nicht in der von ihm angegebenen Region in Tibet sozialisiert worden sei, sondern in einer exiltibetischen Gemeinschaft ausserhalb Chinas. In Folge eines Versehens seitens des SEM wurde dem Asylsuchenden die Lingua-Analyse vollständig offengelegt. Daraufhin liess er von Tibetologen eine Gegenmeinung einholen. Die Gegenanalyse formulierte gegenüber der Lingua-Analyse schwerwiegende Einwände und schliesst daraus, dass der Beschwerdeführer sehr wohl aus Tibet stamme. Die Einwände richteten sich gegen die Arbeitsweise der SEM-Fachstelle Lingua im Allgemeinen sowie gegen die Fachperson AS19 im Besonderen.

Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts
Das Bundesverwaltungsgericht kommt in seinem Referenzurteil[1] zum Schluss, dass die Qualität und Aussagekraft der von AS19 erstellten Lingua-Analysen grundsätzlich nicht zu beanstanden sind. Die sachverständige Person erscheint fachlich geeignet, wobei sie ihre Sorgfaltspflicht ernst nimmt sowie neutral und unabhängig ist. Ferner stellt das Gericht fest, dass die Methode der SEM-Fachstelle «Lingua» den – im internationalen Vergleich – besten Standards derartiger Sprach- und Herkunftsanalysen entspricht und die Mitarbeitenden der Fachstelle bestmögliche Anstrengungen unternehmen, um ihre Analysen unparteiisch und regelkonform sowie nach wissenschaftlichen Kenntnissen zu erstellen. Weiterhin gilt jedoch, dass Lingua-Analysen in jedem Einzelfall auf ihre Aussagekraft hin geprüft werden müssen.

Dieses Urteil ist abschliessend und kann nicht beim Bundesgericht angefochten werden.

 

[1] Dieses Urteil wurde durch die versammelte Richterschaft der Abteilungen IV und V koordiniert. Es analysiert die Situation in einem bestimmten Land und die rechtliche Würdigung ist über den Einzelfall hinaus für eine Mehrzahl von Verfahren gültig.

Kontakt

Rocco Maglio
Rocco Maglio

Medienbeauftragter

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