Medienmitteilung zum Urteil B-3985/2021
ETH Lausanne muss Zofingia anerkennen
Die Gleichstellung der Geschlechter und die Vereinigungsfreiheit sind beides Grundrechte. Die ETH Lausanne kann letztere nicht einschränken, um die Geschlechtergleichstellung zu fördern.
Zofingia ist eine Studentenverbindung, die nur Männer zur Mitgliedschaft zulässt. Mit dem Ziel, die Gleichstellung zu fördern, weigerte sich die ETH Lausanne (ETHL) im August 2020, Zofingia als universitäre Studentenverbindung anzuerkennen. Dieses Statut erlaubt es anerkannten Studentenverbindungen unter anderem, das Logo, die Räume und die offiziellen Kommunikationskanäle der ETHL zu nutzen. Der Verein Zofingia hat den Entscheid der ETHL bei der ETH-Beschwerdekommission angefochten und Recht bekommen. Diesen Entscheid hat die ETHL im September 2021 beim Bundesverwaltungsgericht (BVGer) angefochten.
Die Vereinigungsfreiheit: ein Grundrecht
Das BVGer erwägt in seinem Urteil, dass die Gleichstellung der Geschlechter zu den Grundpfeilern der Bundesverfassung zählt und dass zu ihrer Verwirklichung noch weitere Anstrengungen erforderlich sind. Da die Vereinigungsfreiheit indessen ebenfalls ein Grundrecht ist, liegt eine Grundrechtskollision vor, die es unter Einhaltung der Verhältnismässigkeit zu lösen gilt.
Im Ergebnis erachtet das BVGer die Verfügung der ETHL als unverhältnismässig und weist ihre Beschwerde ab. Die ETHL verfüge über zahlreiche weniger einschneidende Mittel, um die Gleichberechtigung der Geschlechter zu verwirklichen. Zudem betreffe die Studentenverbindung Zofingia der ETHL nur rund vierzig Studenten und habe von daher wenig Einfluss auf die weibliche Studentenschaft. Die Anwesenheit der Zofingia-Mitglieder auf dem Campus bilde auch keine Gefahr für das Studium oder die Laufbahn der Studentinnen. Schliesslich könne die Nichtanerkennung von Zofingia zu Beanstandungen über den Bestand von Frauenverbindungen an der ETHL führen. Die Interessenabwägung der ETH-Beschwerdekommission war somit insgesamt nicht zu beanstanden.
Dieses Urteil kann beim Bundesgericht angefochten werden.
Kontakt
Rocco Maglio
Medienbeauftragter