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Viele Lichter aufgegangen

Im Workshop «Struktur eines Urteils» des Bundesverwaltungsgerichts ging es um die für die Urteilsqualität wichtige Gliederung. Den Teilnehmenden ging manches Licht auf.

05.05.2025 - Katharina Zürcher

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Kursleiter David Aschmann mit Zuhörerinnen und Zuhörern.
Die Gerichtsschreibenden und Richterinnen des Bundesverwaltungsgerichts befassten sich im Workshop mit den Merkmalen eines gut geschriebenen Urteils.

18 Gerichtsschreibende und eine Richterin des Bundesverwaltungsgerichts tauchten einen Tag lang tief ins Thema Urteilsstruktur ein. Die beiden Workshop-Leiter Tobias Grasdorf und David Aschmann verstanden es, die Wichtigkeit der Gliederung beim Urteileschreiben aufzuzeigen. Auf dem Programm standen die Standardstruktur, die Frage «Wie halte ich mein Urteil kurz?» sowie die Punkte Argumentation und Arbeitstechnik. Neben Tipps und Tricks für die alltägliche Arbeit war auch der Erfahrungsaustausch unter den Teilnehmenden ein wichtiges Kursziel. 

Transportmittel und mehr Effizienz
«Die Struktur hilft uns, den Weg zu finden durch die verschiedenen Dilemmas, die sich beim Schreiben von Urteilen stellen», sagte einleitend Kursleiter und Gerichtsschreiber Tobias Grasdorf. Richter David Aschmann zeigte anschliessend auf, wie Erklären durch Gliedern den Adressaten hilft, das Urteil zu verstehen und zu akzeptieren – auch und gerade dann, wenn das Resultat nicht im von den Parteien gewünschten Sinn ausfällt. «Verständlichkeit durch Gliedern hat sich historisch gesehen bewährt», sagte er. Die Struktur sei das Transportmittel für die logischen Gedanken, die sich der Jurist oder die Juristin bei der Urteilsfindung gemacht habe. Zudem werde die Effizienz gefördert: «Wer Erfahrung mit der Struktur von Rubrum, Sachverhalt, Begründung, Dispositiv und Rechtsmittelbelehrung hat, wird in der Lösungsfindung schneller.» 

«Diesen sehr versierten, achtsamen Formulierungsprofis zu begegnen, war ein schönes Erlebnis»

David Aschmann, Kursleiter und Richter der Abteilung II

Ganz viele Lichter aufgegangen
Dass es sich lohnt, der Struktur als Aspekt eines guten Urteils Gewicht zu geben, darin waren sich die Teilnehmenden nach Kursende einig. Begeistert zeigte sich etwa Richterin Christa Preisig: «Ich habe enorm vom Workshop profitiert, indem ich meine Arbeitstechnik hinterfragt habe, insbesondere die eigenen Denkmuster betreffend Logik, Strukturierung und Argumentation.» Ihr seien unter der hervorragenden Leitung von Tobias Grasdorf und David Aschmann «viele Lichter aufgegangen». So sei ihr bewusst geworden, welche Strategien und Kniffe sie bereits intuitiv anwende und wie sie diese künftig viel bewusster und gewinnbringender einsetzen könne. Und: «Wertvoll war auch der Austausch mit Arbeitskolleginnen und -kollegen aus anderen Abteilungen.» 

Auch Robert Weyeneth erhielt wertvolle Inputs für seine Arbeit: «Der Workshop hat mich angeregt, das eigene Vorgehen bei der Erstellung eines Urteilsentwurfs zu reflektieren», so der Gerichtsschreiber. «Es war ein wertvoller Erfahrungsaustausch zu den praktischen Herausforderungen im Arbeitsalltag.» So habe man darüber diskutiert, «wie wir am besten an einen neuen Fall herangehen oder wie die Urteilsentwürfe sinnvoll gegliedert und möglichst kurzgehalten werden können». Gerichtsschreiberin Regula Frey fand die Diskussionen zu den Themen «Kurzes Urteil» und «Urteilsakzeptanz» besonders spannend: «Mein Tipp: Den Urteilsentwurf bewusst durch die Brille der Urteilsakzeptanz nochmals durchlesen.»

Empfehlenswert auch für erfahrene Leute

«Der Workshop war auch für erfahrene Gerichtsschreiber und Richterinnen sehr zu empfehlen», sagte Gerichtsschreiber Roland Hochreutener. Einerseits habe er es sehr geschätzt, dass mit den Referenten die Gerichtsschreiber- und die Richteroptik Eingang gefunden habe. «Wertvoll war überdies, dass auch unter den Teilnehmenden die Richterschaft vertreten war.» Andererseits habe der Kurs auch eine gute Übersicht über die wesentlichen strukturellen Aspekte eines Gerichtsurteils geboten; «er verlieh neue Inputs, gab Anlass, bestehende Routinen zu hinterfragen und ergänzte das bestehende Knowhow ideal». Und last but not sei es eine super Gelegenheit gewesen, Erfahrungen mit den Gerichtsschreibenden und Richtern anderer Abteilungen auszutauschen. 

Was macht ein gutes Urteil aus?

Ein gutes Urteil wird dem Gesetz, den Parteien und der Gesellschaft gleichermassen gerecht. Die fünf Hauptkriterien eines gut geschriebenen Urteils des Bundesverwaltungsgerichts sind: Es ist sorgfältig und präzis redigiert, logisch und nachvollziehbar aufgebaut, so kurz wie möglich und so lang wie nötig; es fördert das Verständnis für die Entscheidung auch bei der unterliegenden Partei und es beachtet die rechtlichen Grundlagen und die bestehende Rechtsprechung.

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